Besonders im American Football in Deutschland wird gerne und häufig der Begriff „Familie“ bemüht. Diesen Begriff nutzt man, um beispielsweise ein Zusammengehörigkeitsgefühl oder auch eine Verpflichtung des einzelnen gegenüber seinem Team zu betonen. Die Logik dahinter ist verständlich. Man nennt das Team Familie, um die angestrebte Nähe und die bedingungslose, familienähnliche Verbindung zwischen den Mitgliedern hervorzuheben. Die Annahme ist einfach: Je stärker die Verbindung untereinander, desto besser ist die Leistungsfähigkeit des Teams.
ABER: Familien befinden sich in der Regel NICHT in einem Wettkampf, wo von den Familienmitgliedern eine Leistung erwartet und eingefordert wird, um ein bestimmtes (sportliches) Ziel zu erreichen!
Die Erwartungen in Mannschaften im Leistungssport und in professionellen Sport-Teams sind alles andere als bedingungslos! Ganz im Gegenteil: die Erwartungen sind sogar besonders hoch und somit voller Bedingungen:
- Sich anzustrengen ist eine Kern-Voraussetzung um „seinen Beitrag“ zu leisten
- Seinen Job machen heißt: Verlässlich im Team das Richtige richtig machen, immer wieder und genau zu dem Zeitpunkt, wenn man dran ist!
- Immer unter den Bedingungen des Trainings und des Wettbewerbes/Wettkampfes
- Der Erfolg des Teams steht im Vordergrund. Als Teammitglied ist man ein „Erfüllungs- und Erfolgsgehilfe“ für die gesamte Organisation!
Der Wert der Athlet: innen bemisst sich in professionalisierten Zusammenhängen in einer „Währung“, die da heißt – „hilfst Du uns zu gewinnen?“ In der US-amerikanischen Fachsprache spricht man auch von dem „invisible handshake“ (der unsichtbare Handschlag). Damit ist eigentlich nur gemeint: Ich/Wir lieben Dich lieber Athlet, liebe Athletin. Wir kümmern uns auch um Dich, solange Du ordentlich performst, Deinen Job machst und uns hilfst zu gewinnen.
Ist man an eine große Hilfe, kann man viel Geld verdienen. Wenn nicht, ist die Karriere meist relativ kurz. In dem Kollisionssport NFL ist die Karrieredauer sehr positionsabhängig und liegt im Durchschnitt aktuell bei 3,3 Jahren (vgl. Statista 2024-12-03)!
2. Psychologische Grundlagen
Die psychologischen Grundlagen der Teamentwicklung sind vielfältig und umfassen verschiedene Theorien und Modelle, die nachfolgend nur beispielhaft angedeutet werden können:
Carron, A. et al. (2012): Sie identifizieren Teamkohäsion als einen entscheidenden Faktor für den Teamerfolg. Kohäsion beschreibt den Zusammenhalt innerhalb einer Gruppe und kann durch gemeinsame Ziele, Interaktionen und die Unterstützung untereinander gefördert werden. Im Mittelpunkt eines effektiven Teambuildings steht das Verständnis der Gruppendynamik. Die Gruppendynamik bezieht sich auf die Interaktionen, Verhaltensweisen und Beziehungen zwischen den Teammitgliedern. Die Forschung in der Sozialpsychologie legt nahe, dass mehrere Faktoren die Gruppendynamik beeinflussen, z.B.: Kommunikationsmuster, Führungsrollen, Zusammenhalt und Gruppennormen.
- Kommunikation: Effektive Kommunikation ist entscheidend für den Zusammenhalt und die Koordination des Teams. Teams, die gut kommunizieren, können schnell an sich ändernde Situationen vor Ort anpassen und Strategien effektiver ausführen. Trainer legen oft Wert auf eine klare und offene Kommunikation zwischen den Teammitgliedern und ermutigen sie, sowohl auf als auch außerhalb des Feldes miteinander zu kommunizieren. Kommunikation allein ist ein zunehmend komplexes Feld mit vielen „Stolperfallen“, z.B.: Sind alle wesentlichen Begrifflichkeiten definiert? Werden sie von allen Mitgliedern des Teams gleichermaßen verstanden? Sind die Regeln UND die Konsequenzen bei Nichteinhaltung geklärt? Allen muss klar sein: SO MACHEN WIR DS HIER!
- Führungsrollen: In jedem Team entstehen Führungsrollen. Dieser Prozess kann organisch ablaufen und Spieler: innen „schlüpfen“ in diese Rollen hinein oder sie werden von Trainern zugewiesen. Effektive Führungskräfte inspirieren und motivieren ihre Teamkollegen, setzen ein positives Beispiel und geben in schwierigen Zeiten Orientierung. Die Führung in Sportmannschaften ist jedoch nicht auf Kapitäne oder Trainer beschränkt; sie kann von jedem Teammitglied hervorgehen, das Führungsqualitäten zeigt.
- Neben den Führungsrollen gibt es noch eine ganze Anzahl weiterer Rollen, die es zu verstehen, zu „bearbeiten“ und natürlich auch zu (er-) füllen gilt (vgl. Biddle & Thomas 1966, Eys 2014 Belbin 2015).
Deci und Ryan (1985): Ihre Selbstbestimmungstheorie hebt die Bedeutung von intrinsischer Motivation hervor. Sportler, die aus eigenem Antrieb und Interesse an ihrem Sport handeln, zeigen oft höhere Leistungen und eine größere Zufriedenheit. Dieses Thema allein, lässt sich in der Kürze sicher NICHT umfänglich aufarbeiten. Allerdings spielt hier die Frage (und die entsprechende Beantwortung) nach dem: WARUM tue ich das? – eine zentrale Rolle. Oft ist das „WARUM“ mit großer Unschärfe belegt, sowohl auf Seiten der Athleten und Athletinnen als auch auf Seiten der Coaches bzw. Organisationen, für die sie tätig sind. Die großen drei Schlüssel-Elemente von DECI & RYAN (2000; 2002) für den Einzelnen sind:
- Autonomie
- Kompetenz
- Soz. Beziehung / Verbundenheit
Hier könnte / müsste seitens der Coaches geholfen werden, KLARHEIT für die Athlet: innen zu schaffen. Nur so können hinreichende Begründung(en) für zukünftiges Handeln gegeben werden, um durch einen initiierten Entwicklungsprozess dem Ziel näher kommen zu können! Das zukünftige Handeln muss zur Zielsetzung und zu der Lebensweise der Athlet: innen passen, wenn man gemeinsame, hoch gesteckte Ziele im (Leistungssport-) Sport anstreben möchte!
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