In Teil 1 werden bestimmte Erfolgsfaktoren der Schnelligkeit erörtert. Dennoch scheint es im Trainingsbetrieb schwer zu sein, Schnelligkeit fußballspezifisch so zu trainieren, dass es sich auch in Erfolg nachhaltig auszahlt.
Aufgrund der vielen Nachfragen folgen hier einige Anregungen für Eurer (Fußball- ) Training:
Wettbewerbsvorteil – fußballspezifisches Schnelligkeitstraining:
Wenn ich besser werden will, muss ich das trainieren, was das Spiel fordert!
Diese (An-) Forderungen sind Leistungsklassen und Spielniveau abhängig und können sich erheblich voneinander unterscheiden! Z.B.:
- Eine Durchschnittliche Anzahl von Sprints während eines Spieles ist (vgl. VERHEIJENS, 1996) in Holland bei den Profis 155 Sprints ermittelt worden, während es im Mittel bei den Junioren „nur“ 101 Sprints waren. Man kann davon ausgehen, dass diese Anzahl sich im Laufe der letzten 16 Jahre deutlich vergrößert hat. Dennoch ist die um ca. 1 Drittel größere Anforderung bei den Profis ein erheblicher Trainingsfaktor, vor allem wenn junge Spieler „hoch“ zu den Profis kommen.
- Die Kenntnis von durchschnittlichen Anforderungen, die z.B. durch die Gegenspieler des Konkurrenten „aufgezwungen“ werden. Als Beispiel sein hier die Bestzeit über 10m Sprint genannt, die bei den besten 10% der U-18 am DFB Stützpunkt erhoben wurde und im Schnitt bei 1,73 Sekunden liegt (VGL. KNOP, LOTTERMANN, WEBER 2004-2006). Der Durchschnitt liegt in der Gruppe U18 bei 1,85 Sekunden (ebd.). Das sind einfache Fakten, die erheblichen Einfluss auf das Spiel haben können.
Diese speziellen bzw. spezifischen Anforderungen muss ich als Spieler / Trainer kennen – was soll ich sonst trainieren? Aus meiner Sicht sind die wichtigsten Anforderungen an die Feldspieler beim Thema Schnelligkeit im Fußball folgende Aspekte:
11 Fakten sollen es sein!
- kurze“ Antritte aus verschiedenen Situationen wie dem Stand, aus dem Gehen oder Trab (z.B. um sich vom Gegner zu lösen, zu Fintieren, Anspielbar zu werden etc.) ohne Folge-Aktionen
- Antritte mit Folge-Aktionen z.B. mit Sprüngen, Grätschen, Ballkontakt …
- Sprünge aus dem Stand/Trab/Sprint
- Beschleunigungsvermögen und Sprintqualitäten mit/ohne Gegner
- Beschleunigungsvermögen und Sprintqualitäten mit/ohne Ball
- Schnellstmögliche Richtungsänderungen aus dem Antritt/Sprint
- Individuelle Einzelaktionen mit ruhendem Ball (Torschuss, Eckball, Freistoß)
- Kombinationen von Antritt, Richtungsänderung und/oder Sprint in Verbindung mit Aktionen mit Ball (Torschuss, Pass,)
- Kombination von Antritt, Richtungsänderung und/oder Sprint in Verbindung mit Ball-Aktionen mit einem oder mehr Gegenspielern
- Multi-Laterale Geschwindigkeit vorwärts, rückwärts, seitwärts (aktiv als Angreifer / „passiv-reaktiv“ als Verteidiger)
- Handlungsschnelligkeit im Sinne der Lösung von technisch-taktischen Anforderungen.
Zusammenfassung:
Die Punkte 1-10 haben im Kern die Schnelligkeit als sog. „koordinativ-konditionelle“ Leistungsvoraussetzung gemeinsam. Diese haben, stark vereinfacht, die Verbesserung der Schnelligkeit durch eine optimierte
- Steuerung/Regelung der neuromuskulären Prozesse und
- Muskuläre „Beanspruchung und Entwicklung“ im Fokus.
Leider zeigt der Trainingsalltag (nicht nur im Fußball), dass diese essentiellen Erfolgsfaktoren häufig nachlässig, wenn nicht sogar “falsch trainiert” werden. Meist liegt das an folgenden (verständlichen!) Aspekten:
- Fehlendes Bewusstsein für dieses spezifische Thema und/oder fehlendes
- Know-how z.B. bei der Trainingsplanung und/oder den Trainingsinhalten
- Zeit, denn technische-taktische Themen stehen im Vordergrund
- Der Schwerpunkt im Training liegt noch auf der „veralteten Annahme“, dass das Ausdauertraining mit der „Dauermethode“, das wichtigste Kriterium ist.
- Fehlende Berücksichtigung von trainingswissenschaftlichen Zusammenhängen z.B. von neuronalen und muskulären Anpassungsprozessen im und durch Training.
Ein modifiziertes und ganzjähriges Training der fussballspezifischen Schnelligkeit kann hier echte Wettbewerbsvorteile schaffen!
Punkt 11 ist der Handlungsschnelligkeit (HS) gewidmet. Die Handlungsschnelligkeit ist vermutlich derzeit eines der meistgenutzten Wörter im Trainings-Sprachgebrauch des professionellen Fußballs in Deutschland.
Ein Training der Handlungsschnelligkeit ist ein wesentliches Merkmal und eines der wichtigsten Elemente im (professionellen) Training. Es gilt allerdings zu berücksichtigen, dass bei allem Potential dieser Thematik, ein fundamentaler Aspekt berücksichtigt werden muss. Das ist die Abhängigkeit der HS vom Niveau der vier Leistungsvoraussetzungen (vgl. SCHNABE, HARRE & KRUG 2008) innerhalb des Athletenkollektivs. Diese sind die:
- Strategisch-taktischen Kenntnisse und Fertigkeiten
- Technisch-taktischen Kenntnisse und Fertigkeiten
- Motivationale / Emotionale Steuerung und natürlich die
- Konditionell-koordinativen Fähigkeiten.
Ziel der HS ist die präzise und optimale Durchführung von spezifischen Handlungen unter Zeitdruck. Diese spezifischen Handlungen setzen sich aus Leistungen von kognitiven Prozessen (also der geistigen Schnelligkeit) und der motorischen Lösung von Handlungsaufgaben (im Sinne einer schnellen Bewegungsausführung) zusammen (vgl. STEINHÖFER 2008). Hier kommen wichtige Anforderungen auf den Trainer und das Training zu, denn das Training (z.B. durch Simulation von Schlüssel-Elementen des Spieles) erfordert nicht nur eine präzise (Strategisch-taktische) Aufgabenstellung, sondern auch die aktuelle Kenntnis und beständige Berücksichtigung der oben genannten Leistungsvoraussetzungen!
Mehr dazu im Teil 3 – Psst! Weitersagen!